Stockhauser Mühle

Stockhauser Mühle

Am Anfang unserer historischen Achse steht die Einsicht: Auch scheinbar bedeutende Orte können verschwinden und in Vergessenheit geraten. Nur das Erinnern bewahrt sie. Vom mittelalterlichen Stockhausen, einst „stattlicher Flecken“ und Adelssitz, zeugt heute nur noch die gleichnamige Mühle.

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Im Körschtal zwischen Kemnat und Scharnhausen liegt die Stockhauser Mühle auf einer Meereshöhe von 315 Meter. Wer auf dem "Königsträßle" spazieren geht, kommt direkt daran vorbei.

Spaziergang
Spaziergang

Das stattliche Mühlengebäude wurde in seiner Geschichte mehrfach umgebaut. Sein heutiges Aussehen stammt aus der Nachkriegszeit. Ein Schlussstein mit der Jahreszahl 1555, der am Torbogen zum unteren Mühlenraum zu finden ist, erinnert an eine frühere Erneuerung der Mühle. Seit 1970 ruht der Mühlenbetrieb. Das stählerne Mühlrad ist unter Wellblech versteckt. Um die ehemalige Mühle gruppieren sich etliche Stallgebäude und Scheunen. Als Reitstall ist die Stockhauser Mühle heute ein beliebtes Freizeitzentrum.

Die Stockhauser Mühle im Jahr 1950
Die Stockhauser Mühle im Jahr 1950

 

Der Flecken Stockhausen

Bei der Suche der ersten Erwähnungen von Mühlen stößt man oft bis ins so genannte "finstere" Mittelalter vor. So ist es auch bei der Stockhauser Mühle, deren tatsächliches Alter uns nicht bekannt ist. Im Heimatbuch von Neuhausen a. d. F. ist aus Landbüchern des 17. Jahrhunderts die Erkenntnis gewonnen: "Vor etlichen hundert Jahren war Stockhausen ein stattlicher Flecken, wo manche vom Adel wohnten und Neuhausen eingepfarrt war. Der Ort hatte eine Burg, die ob Wernitzhausen und Scharnhausen lag." Im 17. Jahrhundert standen jedoch nur noch eine alte Kapelle sowie eine Mühle mit zwei Häusern am Ort der alten Siedlung. Andere Häuser sollen nach Neuhausen versetzt worden sein.

Die Stockhauser Mühle siebzig Jahre später
Die Stockhauser Mühle siebzig Jahre später

Um 1400 befand sich die Stockhauser Mühle im Besitz der adeligen Herren von Neidlingen und von Plieningen. 1405 verkauften die Herren von Neidlingen ihren Anteil an die Herrschaft Württemberg. Nach der Aufhebung des Nonnenklosters Kirchheim im Jahr 1580 fiel auch der zweite Teil der Mühle an Württemberg.

Die Stockhauser Mühle in den 1960er Jahren
Die Stockhauser Mühle in den 1960er Jahren

Der erste namentlich bekannte Müller war 1545 Hans Maier, der auch das Fischereirecht besaß. Nach dem Müllergeschlecht Maier erscheinen als Mühlenbesitzer die Namen Fröschlin, Wart, Weinmann, Bluthardt und zuletzt Bauer. Der letzte Stockhauser Müller der Familie Bauer musste aus gesundheitlichen Gründen aufgeben.

Die Stockhauser Mühle im Jahr 2020
Die Stockhauser Mühle im Jahr 2020

Die Mühle hatte im Jahr 1545 drei Räder und einen zusammenhängenden Grundbesitz von ca. 19,5 Hektar. Im Jahre 1555 wurde ein Teil der Mühle erweitert beziehungsweise neu errichtet. Darauf weist die am Rundbogen des Kellereingangs eingemeißelte Jahreszahl 1555 hin. Eine Beschreibung aus dem Jahr 1745 besagt, die Stockhauser Mühle sei mit ihren nunmehr 26 Meter Länge und 11 Meter Höhe ein sehr "groß Gebäu".

Nach einem Lagerbuch - ein frühes Grundbuch - von 1580 gehörten zur Mühle nun 26,8 Hektar Güter und zwar elf Hektar Äcker, 5,4 Hektar Wiesen, 7,5 Hektar Wald, 1,9 Hektar Weinberge und ein Hektar Weide. Man wird annehmen dürfen, dass sich unter diesen Gütern auch die eine Hälfte des einstigen Stockhauser Herrenhofs befand, von dem wir nach 1400 leider nichts mehr erfahren.

 

Quelle: "Stadtführer Ostfildern, Streifzüge durch Geschichte und Gegenwart" von der Projektgruppe "Geschichte vor Ort", Herausgegeben von der Stadt Ostfildern, 2000, leicht aktualisiert

Bilder: die historischen Aufnahmen sind uns freundlicherweise vom Stadtarchiv Ostfildern zur Verfügung gestellt worden.
Weitere Aufnahmen sind © Kemnater Achsen

Die Stockhauser Mühle im Winter 2020/2021
Die Stockhauser Mühle im Winter 2020/2021