Die Früchte der Kastanienbäume werden also gern von großen Tieren gefressen, die Blätter dagegen von ziemlich kleinen: Die Larven der Balkan-Miniermotten sind so klein, dass sie sich fressend innerhalb des Blattes fortbewegen und nur oben und unten eine dünne, transparente Haut stehen lassen. Wenn Ihr im Sommer oder Frühherbst unterwegs seid, könnt Ihr die typischen Fraßspuren in den Blättern sehen. Im späteren Herbst sind das die Blätter, die der Baum als erste abwirft.
Die Rosskastanien-Miniermotten gibt es in unseren Breiten erst seit etwa zwanzig Jahren. Entsprechend haben sich die möglichen Fressfeinde noch nicht richtig darauf eingestellt. Ein paar Heuschrecken- und auch ein paar Schlupfwespen-Arten fressen die Mottenlarven und -puppen. Und Meisen machen auch Jagd auf die kleinen Schädlinge. Wenn Ihr also Blau- oder Kohlmeisen in den Zweigen entdeckt, könnt Ihr Euch nicht nur über ihren Anblick und ihr Gezwitscher freuen, sondern auch darüber, dass sie zum Erhalt der Kastanienallee beitragen.
Denn, auch wenn jetzt die ganze Zeit von den Lebewesen die Rede war, die den Baum bewohnen, ist doch der Baum selbst auch ein Lebewesen in ständiger Wechselwirkung mit seiner Umgebung. Teilweise leidet er darunter, teilweise profitiert er: Pilze sorgen für Nährstoffe aus dem Boden, die der Baum nicht selbst erzeugen kann, Tiere sorgen für die Verbreitung der Samen. Und die Sonne sorgt für die nötige Energie. Diese nutzt der Baum optimal aus. Schaut mal nach oben: Die benachbarten Bäume nehmen sich gegenseitig kein Licht weg. Die Äste und Blätter überlappen sich kaum, denn jedes Blatt, das im Schatten wächst, ist für den Baum eine verschwendete Ressource. Gleichzeitig aber wird nahezu jeder Sonnenstrahl abgefangen. Und so sorgen die Bäume unabsichtlich dafür, dass Ihr auf den Bänken unter der Kastanienallee auch im heißen Sommer im kühlen Schatten sitzen könnt.